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Urologie

Querschnittlähmung

Urologie und Querschnittlähmung

Was hat ein Mensch mit einer Querschnittlähmung mit Urologen zu tun?

Ein Mensch mit einer erworbenen Querschnittelähmung hat fast immer eine Störung der Nervenversorgung der Organe in der unteren Körperhälfte, (Blasen-Mastdarmlähmung). Dies bedeutet eine schwere Funktionsstörung der Harnblase und des Darms. Die Blasenstörung kann im schlimmsten Falle zu einem Ausfall der Nierenfunktion führen.
Zusätzlich führt die Nervenunterbrechung zu einer Inkontinenz d. h. das Gefühl für Urin und Stuhlgang kann nicht mehr selbst kontrolliert werden und wird Unfreiwillig ausgeschieden.

Für welche Probleme ist ein Urologe zuständig?

Die Blasenlähmung, die Lähmung des Enddarms und die Störung von Fruchtbarkeit und Sexualfunktionen.
Ein querschnittgelähmter Mensch sollte mindestens einmal pro Jahr von einem Urologen gesehen werden. Je nach Risiko sollte eine urodynbamische Untersuchung mindestens alle drei Jahre durchgeführt werden.

Wie arbeitet der Harntrakt?

Die Nieren entfernen Giftstoffe und überflüssiges Wasser aus dem Blut und produzieren daraus Urin. Der Urin wird dann über die Harnleiter die aus sehr dünnen Röhren bestehen zur Blase abtransportiert. Die Blase ist ein so genannter Hohlmuskel, der den Urin speichert bis er bereit ist den gespeicherten Urin zu entleeren (Mikition). Bei der Blasenentleerung zieht sich der Blasenmuskel (Destrusor) zusammen und der Schließmuskel - ein ringförmiger Muskel, der wie ein Ventil wirkt – öffnet sich.
Die Blasenentleerung hängt von einem ausgeglichenen Zusammenspiel von Blase und Schließmuskeln ab. Dieses Zusammenspiel wird durch das Nervensystem gesteuert. Wenn sich die Blase füllt, werden Nervenimpulse zum unteren Ende des Rückenmarks (sakrale Segmente) gesandt. Von dort gelangt die Information einer vollen Blase zum Gehirn und wird registriert. Jetzt kann man entscheiden ob man die Blase entleeren will oder noch verschieben möchte. Dies bezeichnet man als willkürlichen Vorgang. Möchte man die Blase entleeren, werden die Nervenimpulse zur Blase und Schließmuskel geführt und lösen somit eine Entleeren des gespeicherten Harnes aus. Dieser unwillkürliche Vorgang beinhaltet das Zusammenziehen der Blase und das Öffnen des Schließmuskels. Bei einer Querschnittlähmung ist dieses Zusammenspiel gestört.

Was ist eine Blasenlähmung?

Die Unterbrechung der Nerven durch eine Verletzung des Rückenmarks. Dadurch können keine Informationen über den Zustand der Blase zum Gehirn gesandt werden. Der willkürliche Vorgang der Urinausscheidung kann dadurch nicht mehr ausgeführt werden. Die Störung der Steuerung der Harnblase kann zu schweren anatomischen Veränderungen der Harnwege führen, zu Restharnbildung bis hin zum Verlust der Nierenfunktion.

Warum muss die genaue Art der Blasenlähmung bestimmt werden?

Je nach Art der Blasenlähmung, richtet sich die Behandlung und die Abschätzung des Risikos für die Zukunft des oberen Harntrakts. Eine spastische Blasenlähmung wird natürlich anders behandelt als eine schlaffe Blasenlähmung.
Durch eine urodynamische Untersuchung wird die Art der Blasenlähmung festgestellt. Dabei wird der Innendruck der Harnblase bei einer Füllung mit Röntgenkontrastmittel und dessen Entleerung gemessen. Gleichzeitig wird der momentane Zustand der Blase durch kurz aufeinander folgende Durchleuchtungen per Video festgehalten.

Gibt es Zeichen für eine Gefährdung der Nieren oder Blase?

Eine Veränderung d. h. Zunahme der Spastik ist häufig ein Zeichen, dass mit der Blase etwas nicht in Ordnung ist. Hoher Blutdruck und dadurch ausgelöste Kopfschmerzen, übermäßige Schweißausbrüche, kann ebenfalls ein Warnsignal sein, dass seine Ursache im Harntrakt hat. Viele Harnwegsinfekte sind auch ein Zeichen das etwas nicht stimmt.
Warum leidet ein Mensch mit Blasenlähmung häufig an Harnwegs entzündungen?
Eine gelähmte Harnblase funktioniert nicht richtig, sie entleert sich häufig unvollständig. Blasenmuskel und Schließmuskel arbeiten häufig nicht korrekt zusammen. Dadurch entsteht Restharn, der ein Nährboden für Bakterien ist.
Blasenlähmung bedeutet lebenslange Nachsorge.

Wie kann man eine Blase bei Blasenlähmung entleeren?

Nach welchen Kriterien wird eine bestimmte Form der Blasenentleerung ausgewählt?
Es soll möglichst ein hohes Maß an Selbstständigkeit für den Betroffenen erreicht werden. Keine Harninkontinenz bestehen, möglichst wenig Harnwegsinfekte auftreten. Ein weiterer Gesichtspunkt ist der Erhalt der Nierenfunktion.

Dauerkatheter

Die Entleerung des Urins über einen längeren Zeitraum durch einen Harnröhren-Dauerkatheter ist von allen Möglichkeiten die schlechteste Lösung. Ein Dauerkatheter verkürzt die Lebenserwartung erheblich und es kommt eine Reine unangenehmer und gefährlicher Komplikationen hinzu. Ein Dauerkatheter ist nur in Ausnahmefällen z. B. nach einer Operation aber nur für kurze Zeit erlaubt. Einen Querschnittsgelähmten auf Dauer mit einem Dauerkatheter zu versorgen ist in der Regel ein Behandlungsfehler.

Suprapubischer Fistelkatheter (SPF)

Das ist ein Schlauch, der zwischen Schambein und Nabel in die Harnblase eingelegt wird. Das aber ist meistens nur eine Zwischenlösung.

Intermittierender Katheterismus

’’Intermittierend“ bedeutet ’’immer wieder“. Intermittierender Katheterismus ist die wiederholte Entleerung durch einen Einmalkatheter. Meist muss er je nach Trinkmenge 4-5 Mal pro Tag durchgeführt werden.



Einmalkatheter


Wie wird der Einmalkatheterismus durchgeführt?

Grundsätzlich soll der Einmalkatheterismus der Harnblase steril durchgeführt werden.
Steril ist immer besser als nur ’’sauber“, besonders bei einer vorgeschädigten, gelähmten Blase. Steril bedeutet, dass Verwenden steriler Materialien, die Desinfektion des Harnröhreneinganges, dass Verwenden eines sterilen Gleitmittels und das sterile Einführen des Katheters. Bei einem Betroffenen ohne Handfunktionen ist ein Selbstkatheterismus unmöglich und muss durch eine Fremdperson (Einen Familienangehörigen oder Pflegedienst) durchgeführt werden. Zur einfachen Durchführung gibt es eine Reihe käuflicher Sets. Diese sind sehr klein und beinhalten Katheter, Urinbeutel, Tupfer usw. Mit diesen Sets kann man eine Katheterisierung praktisch überall durchführen.
Nach dem Kathetern kann es sinnvoll sein, ein Kondom-Urinal mit einem Beinbeutel zu verwenden. Dadurch wird der spontane Austritt des Urins abgefangen und in den an den Kondom-Urinalen angeschlossenen Urin-Beinbeutel abgeleitet. Dieser kann dann selber, nach Bedarf von dem Betroffenen selbst oder einen Helfer an dem Ablasshahn entleert werden.

Urinbeute mit Ablassventil
Kondom- Urinale
 
Wie kann man den intermittierenden Katheterismus erlernen?
 
Günstig ist es, wenn der Betroffene den Selbstkatheterismus oder ein Familienmitglied den Fremdkatheterismus mit dem Betroffenen in einem Spezialzentrum für Querschnittgelähmte erlernt. Zuerst wird der Katheterismus im Liegen, danach in halb sitzender Position, später im Rollstuhl geübt. Frauen und Mädels benötigen zum Selbstkatheterismus in den ersten Monaten einen Spiegel.
 
Welche Vorteile hat der intermittierende Katheterismus?
 
Der intermittierende Katheterismus nach der normalen Methode ist die beste Art die Blase zu entleeren. Schäden für die Nieren oder vermehrte Harnwegsinfekte sind nicht zu befürchten. Häufig wird der intermittierende Katheterismus sogar zur Behandlung bereits eingetretener Nierenschäden oder bei wiederholten Blasenentzündungen empfohlen. Eine Verletzung der Harnröhre besteht bei einer korrekten Durchführung nicht.
 
Welche zusätzlichen Maßnahmen können notwendig sein?
 
Bei einer "spastischen" Blasenlähmung, die bei den meisten mit erworbener Querschnittlähmung vorliegt, kann es notwendig sein, die Eigentätigkeit des Blasenmuskels mit Medikamenten zu dämpfen (z. B. Spasmex®, Dridase® oder Mictonorm®). Diese Medikamente sind in der Regel gut verträglich, können über eine unbegrenzte Zeit eingenommen werden und sind auch für Kinder geeignet. Die häufigste Nebenwirkung ist Mundtrockenheit. In seltenen Fällen kann es notwendig sein, dieses Medikament nicht als Tablette einzunehmen, sondern es direkt nach dem intermittierenden Katheterismus als Lösung über den noch liegenden Katheter in die Harnblase einzufüllen. Die Wirkung ist dann wesentlich stärker, ohne dass die Nebenwirkungen zunehmen. Allerdings ist die Beschaffung dieser Lösung schwierig, da sie noch nicht industriell hergestellt wird.
 
Wird der intermittierende Katheterismus als Dauerlösung betrachtet, kann an Stelle dieser Medikamente auch durch eine Operation (Blasenvergrößerung) die Eigentätigkeit des Blasenmuskels unterdrückt werden. Dies kann auch dann getan werden, wenn das Fassungsvermögen der Harnblase zu gering ist. Wenn der Verschluss unterhalb der Harnblase zu schwach ist, kann der notwendige Verschluss durch eine kleine Operation erreicht werden.

Ich persönlich benutze keine Katheter, sondern klopfe meine Blase aus. Das Klopfen erfolgt auf der Bauchdecke unter der sich unmittelbar die Blase befindet. Dadurch löse ich einen Reflex aus, der das Verkrampfen der Blase und öffnen des Schließmuskels auslöst. Der Urin entleert sich anschließend durch das Urinalkondom in den Beinbeutel. Über Nacht läuft der Urin spontan in den Beinbeutel/Bettbeutel. Den Urinfluss bemerke ich, indem ich Gänsehaut bekomme. An Medikamente benutze ich zur Vorbeugung gegen Harnweginfekte TMP®. Zur Vorbeugung gegen Blasensteine benutze ich Acemethin®, dadurch wird der Urin angesäuert.

 
Anmerkung: Dieses Prinzip des Klopfens ist nicht zu verwechseln mit dem anschließenden Ausdrücken der Blase (altbekannte Methode). Nach neusten Ergebnissen führt dies zu einem Rückfluss (Reflux) zu den Nieren. Dieser Effekt tritt ein, wenn die Klappen zwischen Blase und Nieren nicht mehr ausreichend funktionieren.
 
 
Bei einer Enddarmlähmung wird der Stuhlgang mit Abführzäpfchen (Pyrilax®, Milax®) ausgelöst. Dies kann je nach Beschaffenheit des Betroffenen 2 - 3 mal in der Woche verteilt geschehen. Um die Ausscheidungen gleichmäßig zu verteilen, sind die Essgewohnheiten möglichst gleich zu halten. In bestimmten Fällen muss der Stuhlgang durch einen Einlauf herbeigeführt werden.

 
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